Superlatives Malaysia

In den Cameron Highlands haben wir den motiviertesten Touri-Agenten, die leckerste Suppe, den ältesten Regenwald und die größte Blume der Welt gesehen.

Tanah Rata ist die süße, kleine Hauptstadt der Cameron Highlands, eingebettet in Berge, die bis zu 1500m hoch sind und wo ein spürbar kälteres Lüftchen weht. Kaum angekommen, schnüren wir schon unsere Turnschuhe (fremdartiges Gefühl – das erste Mal seit Wochen wieder in festen Schuhen), um eine erste kleine Wanderung durch den Regenwald zu unternehmen.

Wir trampen in das nächstgelegene Dorf. Unser Fahrer, mit indischer Abstammung, spricht gutes Englisch und bringt uns direkt zum Ausgangspunkt der Wanderung. Dort treffen wir einen belgischen Aussteiger in seinem Wohnwagen und dank Romys bewundernswerter Eigenschaft mit Menschen, die man gerade erst kennengelernt hat, gleich warm zu werden, erfahren wir, wie und warum es ihn hierher verschlagen hat. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wollte er den Zwängen der Gesellschaft entfliehen, um die Welt zu bereisen und seinen Kindern den Blick dafür zu öffnen, was in der Welt vorgeht und worauf es wohl im Leben ankommt: Familienbande, Hilfsbereitschaft, Naturverbundenheit, Zufriedenheit mit den kleinen Dingen u.v.m.: eine dieser StreifzugBegegnungen, die uns überrascht und fesselt, beschäftigt und uns über uns selbst zum Nachdenken bringt.

Doch zurück zu unserem Trek. Nach zwei Stunden über Stock, Stein und Liane sowie einer unerwartet verzweigten Abzweigung wird es langsam dunkel. Wie verabredet wird der Wald lebendig: die Grillen zirpen um die Wette, überdimensionale Bambusstämme knallen durch den Wind aneinander, Vögel und andere Insekten singen und surren lauter als zuvor. Unter dem Blätterdach wird es beunruhigend schnell dunkel – wir sind gebannt, ein wenig angespannt und verschnellern unseren Gang. Pünktlich zum Donnerwetter ohnegleichen erreichen wir ein leuchtendes Peperoni-Feld und waten und patschen zurück gen Hotel.

Nach dieser ersten Trekkingtour auf eigene Faust genießen wir die heiße Suppe umso mehr. Der Topf, der uns auf einer Herdplatte gebracht wird, beinhaltet zwei Kammern. Die eine enthält eine helle Brühe, die wir mit Fisch und Meeresfrüchten füllen. In der anderen blubbert eine dunkle und recht scharfe Suppe, die hervorragend für das Hähnchen und Schweinefleisch geeignet ist. Wir schmeißen dann noch willkürlich allerlei Grünzeug, Nudeln und Kräuter rein – tun eben so, als wenn wir nie was anderes gemacht hätten. Spätestens als ich ein ganzes Ei mit Schale rein werfe, ernten wir verwundert-belustigte Blicke unserer Tischnachbarn.

Am nächsten Tag geht es früh los: Tagestour! Die größte Blüte der Welt Rafflesia* ist 40km entfernt und im tiefen Regenwald versteckt. Wir konnten dem kleinen Agenten, der uns diese Tour empfohlen hat, einfach nicht widerstehen. Sein Auftreten war leidenschaftlich liebenswert – einfach überzeugend – und ließ keinen Zweifel zu. Sein fröhlicher Sing-Sang brachte uns zum Lachen, das Eis war in Sekundenschnelle gebrochen, die Tour nach fünf Minuten gebucht. Wir setzen uns Farnhüte auf, trinken aus Bambusrohren, schlagen uns durchs Gestrüpp, klettern über Baumwurzeln und überqueren Flüsse auf umgefallenen Bäumen.

Dass es die gleiche Tour war, die die spanischen Amigos zwei Tage zuvor gebucht hatten, erfuhren wir im Chitchat mit dem Guide (der im Laufe dieses Blogs noch eine Rolle spielen wird), alias Indiana Jones. Der Gute mit Lederschlapphut und Machete kennt diesen Regenwald, wie man seine Heimat eben kennt. Er verzweifelt aber auch an der systematischen Zerstörung der Natur durch die sich ausbreitenden Farmer. Sie bauen Tee, Erdbeeren, anderes Obst und Gemüse sowie Blumen an. Die Plantagen sprießen wie Pilze aus dem Boden. Schon bei der Anreise sind uns die endlosen Gewächshäuser mit ihren weißen Dächern aufgefallen. Selbst auf den steilsten Hängen sieht man neue Anbauflächen und gruselig viele, unnatürliche Plastikplanen.

Indiana Jones berichtet, dass das Wasser in den Flüssen noch vor einem halben Jahr trinkbar war. Mittlerweile ist es ungenießbar, denn die Farmer pumpen das Abwasser mit all seinen Schadstoffen und Düngemitteln ungeklärt in das Grundwasser. Indiana Jones nutzt seine Touren auch dazu, die Touristen über die Verhältnisse aufzuklären. Geht das so weiter, werden die Cameron Highlands in ein paar Jahren keine Rafflesia mehr hervorbringen – schon jetzt ist der Bestand erheblich zurückgegangen.

Seine gute Laune hat er trotzdem nicht verloren.

Ganz nebenbei plaudert er von seiner Begegnung mit den Spaniern. Romys und mein Blick treffen sich – das ist so verrückt! Die skurrile Geschichte der beiden hat es ihm angetan. Nun will er ihnen den Scooter abkaufen und damit seine Sammlung von historischen und irgendwie besonderen Fahrzeugen vervollständigen. In Kuala Lumpur soll der Deal laufen. Was für ein Zufall, dass das auch unsere nächste Station ist. To be continued…

(Henni)

*Die Rafflesia bildet die größte Blüte der Pflanzenwelt und gehört zu den sogenannten Vollschmarotzern, die mit Ausnahme der Blüten vollständig auf ihrer Wirtspflanze, wie beispielsweise Lianen, leben. Die außerhalb des Wirtes gebildeten Blüten sind rot und liegen in der Regel auf dem Boden, wachsen bei kleinblütigen Arten aber auch bis in etwa 1m Höhe. Wikipedia sagt: Die Rafflesia wächst ca. 9 Monate heran, doch „zerfällt bereits nach ein paar Tagen zu schwarzem, zähem Schleim.“ Stimmt!

2 thoughts on “Superlatives Malaysia

  1. WOW, die größte Blüte der Pflanzenwelt! Henni, deine Dschungel-Fotos sind echt cool. Vor allem der Typ mit der Machete an deiner Gurgel oder du beim Trinken aus dem Bambusrohr… ;-) Ich hoffe, es ist dir geht es gut und du bekommst kein Dschungelfieber etc… Ich wünsche dir und deiner Freundin weiterhin spannende Erlebnisse UND: ich freu mich schon jetzt total auf deinen/eure nächsten Bericht(e).

    Deine Tante Sylvia.

  2. Alles ist so toll!!! Nur der Gedanke an die Schlangen macht mir Angst!!!!!! Passt deshalb immer schön auf!!!
    Omi & Frank

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